Beizjagd

Unter allen heute noch praktizierten Jagdarten ist die Falknerei einer der ältesten. Sie  wurde  ursprünglich aus rein materiellen Gründen ausgeübt - der Fleischbeschaffung für den  Menschen. Die Anfänge sind nicht genau zu datieren, da die Erstausübenden keine Schrift  besaßen und somit eine historische Dokumentation fehlt. Überlieferungen aus dem  vorderasiatischen Raum gibt es schon im ersten vorchristlichen Jahrtausend. Die Falknerei  entstand vermutlich schon etwa vor 4000 Jahren in den zentralasiatischen Steppengebieten der  heutigen Mongolei, Kasachstans und Kirgisiens. Nach heutigen Erkenntnissen waren hier die  idealen Voraussetzungen für die Entwicklung der Beizjagd gegeben. Die damaligen Jäger- und  Nomadenvölker waren mit ihren primitiven Waffen kaum in der Lage Wild zu beschaffen. Mit  Pferden war man damals schon in der Lage den Greifen, zu Anfang wohl nur Falken, zu folgen  - notwendig in den endlosen Steppen. Adler und Habichte wurden wahrscheinlich erst später  zur Jagd eingesetzt.

 

Erst mit der Völkerwanderung im 4. Jahrhundert n. Chr. gelangte die Falknerei nach Europa. Der Hunnenkönig Attila und die mit ihm ziehenden Völker brachten diese Jagdart aus Asien mit und konfrontierten die im Umbruch befindlichen, europäischen Völkerschaften. In den folgenden Jahrhunderten breitete sich die Falknerei in Europa schnell aus und wurde in erster Linie von Adligen ausgeübt, fand aber auch unter kirchlichen Würdenträgern schnell Verbreitung. Viele Herrscher erließen strenge Gesetzte zum Schutz der Greifvögel. So wurden der Diebstahl von Beizvögeln, die Zerstörung von Falkeneiern oder der Abschuß von Falken mit sehr harten Strafen belegt.

Der erste und wichtigste Höhepunkt der europäischen Falknerei wurde im 13. Jahrhundert erreicht. Die Kreuzzüge brachten neue Impulse für die Falknerei mit sich - die Falkenhaube wurde aus der arabischen Falknerei übernommen.

In dieser Zeit lebte der wohl berühmteste, abendländische Falkner dieser Zeit - der "Falkenkaiser" Friedrich der Zweite von Hohenstauffen (1194 - 1250), Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, König von Rom und Jerusalem. Mit seinem Werk "De arte venandi cum avibus" ("Von der Kunst mit Vögeln zu jagen") schuf er die erste naturwissenschaftliche und eine der bedeutendsten Abhandlungen über Greifvögel und die Falknerei. Insbesondere der falknerische Teil besitzt auch heute noch volle Gültigkeit.

Es gehörte im Mittelalter zum Ansehen von Königen und Fürsten Beizvögel am Hofe zu halten, wobei sich der gesellschaftliche Stand in den gehaltenen Greifvögeln widerspiegelte. Jagdvergnügen des Adels und nicht Fleischbeschaffung stand im Mittelpunkt der Falknerei. Die aufgewendeten Summen nahmen besonders im 17./18. Jahrhundert (zweiter Höhepunkt der europäischen Falknerei) ungeheure Ausmaße an.

Mit der Entwicklung der Handfeuerwaffen und der Revolutionen Ende des 18./ Anfang des 19. Jahrhunderts ging die Falknerei europaweit zurück und verschwand in der Bedeutungslosigkeit. Sie überlebte in Resten nur in England und den Niederlanden.

Erst gut hundert Jahre später begann mit den Gründungen von Falknervereinigungen in einzelnen Ländern Europas eine langsame Wiederbelebung dieser interessanten Jagdart. In Deutschland stellte die Gründung des Deutschen Falkenorden (DFO) 1923 in Leipzig einen Neubeginn dar. Nach dem 2. Weltkrieg entwickelte sich die Falknerei in beiden deutschen Staaten unterschiedlich weiter. In der BRD kam es zur Gründung einer zweiten großen Falknervereinigung, des Ordens Deutscher Falkoniere, kurz ODF.

In den neuen Bundesländern entwickelte sich die Falknerei nach dem 2. Weltkrieg unter den herrschenden sozialistischen Bedingungen. Seit 1962 waren die Ablegung einer Falknerprüfung und die Mitgliedschaft in einer Jagdgesellschaft vorgeschrieben, die Falknerei war damit fester Bestandteil des sozialistischen Jagdwesens. Die Falkner waren in der Arbeitsgruppe "Falknerei und Greifvogelschutz" organisiert. Mit dem Zusammenbruch des sozialistischen Regimes 1989/90 wurde eine Neuorganisation der ostdeutschen Falkner notwendig, ohne dabei die eigene Identität aufzugeben. So kam es am 23. März 1990 zur Gründung des Verbandes Deutscher Falkner.

Die Falknerei heute ist kein Vorrecht irgendeiner Bevölkerungsgruppe. Jeder kann sie ausüben, sofern er die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt. Dazu zählen die Ablegung der Jäger- und auch der Falknerprüfung. Dazu sind Jagd-, Natur- und Artenschutzrechtliche Belange zu beachten. Vom Falkner sind persönlich viel Zeit, Geduld, Beobachtungsgabe und Einfühlungsvermögen gefordert.